Letzte Woche bekamen wir einen Anruf von einem befreundeten Betrieb, mit der Bitte um Hilfe: krankheitsbedingt konnte der Platz für das Schulpraktikum einer Schülerin nicht zur Verfügung gestellt werden, ob wir da aushelfen könnten.
Da es uns immer Spaß macht Wissen weiterzugeben und mit jungen Menschen zu arbeiten, haben wir ganz spontan zugesagt und die Schülerin für ein paar Tage bei uns aufgenommen. Normalerweise bieten wir jedoch keine Praktikumsplätze an, da wir für gewöhnlich nur nach unseren eigentlichen Jobs oder am Wochenende in unserer Druckwerkstatt arbeiten.
Nach einer kleinen Erläuterung, was wir in unserer Druckwerkstatt so machen, ging es dann auch schon los mit der Aufgabenstellung: denn am Ende des Schulpraktikums soll jede(r) Praktikant(in) vorstellen was sie so gemacht haben. Die Idee war eine Postkarte zu gestalten, setzen und drucken.
Die Schülerin (Marietta) ist nicht nur in der Jugendfeuerwehr aktiv, darüberhinaus engagiert sie sich auch noch bei der Neuenhainer Kerb. Und so war das Thema schnell gefunden: eine Postkarte mit dem Kerbe-Spruch und dem Logo der Neuenhainer Kerbeburschen sollte es werden. Nach der Anfertigung einer kleinen Arbeitsskizze ging es zu einer weitaus schwierigeren Aufgabe: die Auswahl der Schrift.
Aber auch hier zeigte sich, das Marietta ziemlich genaue Vorstellungen hatte, wie die Karte auszusehen habe. Nach kurzer Durchsicht unserer Schriftmuster-Karten, entschied sie sich für die Futura 3/4-fett in 24 Punkt. Nachdem wir Begriffe wie typografischer Punkt, Satzbreite, Cicero, Konkordanz, Winkelhaken, Setzlinie, Spatien usw. erklärt haben, ging es auch schon ans setzen der Zeile.
Von der Zeile wurde dann ein Probeabzug gemacht, damit Marietta nochmal mit einem Dummy des Kerbe-Logos die Anordnung des Textes im Zusammenspiel mit dem Logo auf der Karte ausprobieren konnte. Nach einem kleinen Exkurs zum Thema optische Mitte vs. mathematische Mitte war dann rasch klar, wo der Text stehen sollte. Kurz den Stand korrigiert und schon ging es ans Werk!
Da das Logo in 4 Farben gedruckt werden sollte, haben wir eine großzügige Menge an Karten vorgedruckt, so dass hinterher auch genug Karten zum Einrichten vorhanden waren. Auch bei der Papierwahl zeigte sich, dass Marietta aufmerksam zugehört hatte was der Unterschied zwischen lasierenden und deckenden Farben ist, so dass Gmund Hanf 50% in 320 g/qm für die Postkarten zum Einsatz kam. Auch wenn ihr das Gmund Biocycle Chlorophyll auch sehr gut gefallen hat, kam dieses wegen seiner intensiven grünen Farbe nicht in Frage.
Über Nacht haben wir dann das Kerbe-Logo in einer Datei umgewandelt, die es uns ermöglicht hat die 4 benötigten Klischees mittels unseres Lasergravierers aus POM-Kunststoff herauszugravieren.
Die schwarze Form haben wir dann zuerst angedruckt um die genaue Position auf dem Papier zu bestimmen, hier kam dann das Rechnen im 12er-System ins Spiel aber auch diese Hürde hat unsere Praktikantin gut genommen. Nachdem der finale Stand dann ermittelt war, hieß es Tiegel reinigen und dann die erste Druckfarbe anmischen. Da zeigte sich mal wieder, wie unzuverlässig der Pantone-Formula Guide ist, das angemischte Möhrenorange war viel zu rot also haben wir nochmal eine gute Portion Gelb hinzugemischt, bis Marietta zufrieden war.
Danach wurden die weiteren Farben Grün (für das Möhrengrün) und Grau (der Bembel) gedruckt. Nach einer Nacht Trocknungszeit ging es dann an die schwarze Druckform … groooooßes Bangen: sitzt alles richtig, gibt es keine Blitzer? Uuuuuuuuuuuund: BÄM … alles saß!
Nachdem alles wieder abgelegt, zurücksortiert und sauber gemacht wurde, war dieses Notfall-Praktikum auch schon vorbei. Uns hat es wahnsinnig Spaß gemacht, mit einer wirklich lernbegeisterten und motivierten Schülerin gemeinsam dieses tolle Projekt im Rahmen ihres Schulpraktikum umzusetzen.